Jetzt reiten sie wieder

Die Furcht vor einem weltweiten Kapitalismus, der Wohlstand und Weltfrieden gefährdet, ist ungebrochen. Doch wie lässt sich die Globalisierung zügeln? Zwei Bücher geben Antwort. von Florian Felix Weyh Die Erde geht den Bach runter. Alles düster? Aber nein: „Ein Wert feiert Renaissance, so praktisch wie nie: internationale Solidarität.“ Ein überraschender Lichtschein, den Harald Schumann und Christiane Grefe nach über 300 Seiten deprimierender Globalisierungsfakten aufschimmern lassen. Realistischer ist ein anderer Satz: „Das Gewissen ist auf Standby reduziert.“ Der allerdings stammt aus einem anderen Buch. Und das hat Joachim Bußmann geschrieben. Ob seine nüchterne Bestandsaufnahme in „Globalisierung braucht globale Ordnung“ oder die Untergangsgesänge in „Der globale Countdown“: Erzürnt zeigen sich alle drei Autoren über einen globalen Kapitalismus, der die Quellen von Wohlstand und Weltfrieden vergiftet.

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Aller Groll richtet sich stets gegen diejenigen, die mehr haben als andere, das war 1789 nicht anders als 1917 – und ist in der globalisierten Welt noch immer so. „Die Reichen und die Mächtigen sind weder abgestumpft noch böse. Sie sind einfach woanders“, behauptet hingegen Joachim Bußmann. Er will die Abwesenden mit einer „druckvollen Wertordnung“ ins Spiel der fairen Marktwirtschaft zurückholen. Von gängigen Antiglobalisierungspamphleten unterscheidet sich Bußmanns Buch durch den pädagogischen Impetus. Wo vier Fünftel der Bevölkerung keine Ahnung von ökonomischen Prozessen haben, muss man sie erklären, bevor man ihre Fehlentwicklungen kritisiert. Das tut der pensionierte Wirtschaftsjurist geduldig. Brillant vor allem seine Ausführungen zum Eigentumsbegriff der Angestelltenwelt, in der sich Manager zwar wie Unternehmer bezahlen lassen, doch keine persönlichen Risiken mehr schultern wollen. Von hieraus lässt sich weiterdenken.

Lassen sich Heuschrecken zähmen?

Die weltweite Verflechtung des Marktes ist unumkehrbar – Gegen
Finanzkrisen hilft aber nur eine globale Wirtschaftsordnung
VON MARKUS BERGER
Die Finanzkrise, die gegenwärtig die Weltwirtschaft erschüttert (Allan Greenspan: eine Jahrhundertkrise!),
weltweit nicht nur Banken und andere Finanzinstitute in den Zusammenbruch oder an dessen Rand führt und
ganze Volkswirtschaften in schwere Krisen, privaten Anlegern jedoch oft mühsam erarbeitetes Vermögen
vernichtet, zeigt die hässliche Seite der modernen globalen
kapitalistischen Wirtschaft.

Gier nach Macht und Ansehen treibt sie voran

Joachim Bußmann leuchtet in seinem Buch in die Chefetagen der Global Players
Artikel von Sascha Thommen

Globalisierung und ihre Auswirkungen interessieren ihn schon lange. Aufmerksam hat Joachim Bußmann die Entwicklungen verfolgt. Nun erscheint Band 1 seines Erstlingswerkes «Globalisierung braucht globale Ordnung».

«Die Reichen und Mächtigen sind weder abgestumpft noch böse. Sie sind einfach woanders.» Wirtschaftsjurist Joachim Bußmann fehlen Regeln für das globale Geschehen. Der Weltmarkt ist rechtsfrei: «Man darf». Ethik und Moral sind nicht Teil eines Marktes. Treibend auf Märkten sind börsengesteuerte Ideale wie Shareholder Value und Profitdenken. Dies sei möglich – so die Hauptkritik Bußmanns –, weil der Weltmarkt nicht durch globales Recht geordnet werde. Den Nationalstaaten seien die Hände gebunden, ihre juristischen Mühlen sind den rasenden Entwicklungen nicht gewachsen. Ihr Recht wirkt nur national.
Bußmanns Buch bietet Gelegenheit, sich punkto Marktwirtschaft auf den neuesten Stand zu bringen. Geduldig und verständlich schildert der Wirtschaftskenner Abläufe der Globalisierung, sucht nach Ursachen der Finanzkrise und bietet interessante Lösungsansätze für eine gerechtere und nachhaltigere Globalisierungspolitik.

Wo bleiben die Regeln für eine globale Ordnung?

Die selbstregulierenden Kräfte des freien Marktes werden zunehmend bedroht
VON MARKUS BERGER
Die Finanzkrise, die gegenwärtig die Weltwirtschaft, nicht nur Banken und andere Finanzinstitute, in den Zusammenbruch oder an dessen Rand führt und ganze Volkswirtschaften in schwere Krisen, privaten Anlegern jedoch oft mühsam erarbeitetes Vermögen vernichtet, zeigt die hässliche Seite der modernen globalen kapitalistischen Wirtschaft. Joachim Bußmann, ein promovierter und vielseitig erfahrener Wirtschaftsjurist, der aus der Praxis kommt, erklärt wa- rum.
Die von den Handelserleichterungen nach dem Überwinden des Ost-West-Konfliktes beschleunigte „Globalisierung“ hat nach Bußmanns Überzeugung besonders zu zwei gravierenden Fehlentwicklungen geführt: Das Geschäftsgebaren der „Shareholder Value“, das den schnellen Gewinn sucht zu Lasten der Substanz, die wunderbare Geldvermehrung nicht nur, aber besonders der US-amerikanischen Notenbank und das damit entstehende ungebundene Kapital, das mit Hilfe der ins Unermessliche gesteigerten Datenverarbeitung tagtäglich um die Welt vagabundiert und nach Futter sucht, um sich weiter zu mästen.

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Weitere Rezensionen

Timo Lüth

Timo Lüth, Rezension zu: Joachim Bußmann: Globalisierung braucht globale Ordnung. Frankfurt a. M.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29445-globalisierung-braucht-globale-ordnung_34844, veröffentlicht am 30.09.2008.